Reisezeiten mit einer globalen Magnetschwebebahn
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Eine oberirdische Magnetschwebebahn (wie z.B. der Transrapid und der JR-Maglev) erreicht etwa eine Geschwindigkeit von 500 km/h.
Wegen der Luftreibung stößt eine deutliche Erhöhung dieser Geschwindigkeit schnell an Grenzen. Wesentlich höhere Geschwindigkeiten
ließen sich mit einer Magnetschwebebahn nur in einem Tunnel erreichen, der teilweise oder ganz evakuiert ist. So eine
Vakuum-Magnetschwebebahn (wie z.B. der in einer teilevakuierten Röhre geplante Hyperloop) wäre dann nur noch geringer oder keiner Luftreibung
mehr ausgesetzt. Bei vollständiger Evakuierung könnte eine einmal erreichte Geschwindigkeit antriebslos beibehalten werden. Wenn alle
technischen und sicherheitsrelevanten Probleme gelöst werden könnten, ließen sich mit einer Magnetschwebebahn im Vakuum Reisezeiten erreichen,
die alles deutlich unterbieten würden, was heute möglich ist. Es bliebe dann nur die Frage, welche Beschleunigung einem normalen Reisenden
zusätzlich zur Erdbeschleunigung g ( 9,81 m/sec2 ) zugemutet werden könnte. Bei den folgenden Überlegungen wird angenommen,
dass sich die Gesamtbeschleunigung und damit das Gewicht der Passagiere nur um 10% erhöhen.
Die Passagiere spüren dann also eine Gesamtbeschleunigung von b0 = 1,1 g. Sie bestimmt letztendlich die Reisezeit der Magnetschwebebahn.
Diese Gesamtbeschleunigung setzt sich zusammen aus der eben erwähnten Erdbeschleunigung und der dazu senkrecht stehenden Beschleunigung b1,
die die Geschwindigkeit der Magnetschwebebahn erhöht oder später wieder verringert. Nach Pythagoras gilt dann die Gleichung: b02 = g2 + b12.
Bei der Abfahrt beschleunigt die Magnetschwebebahn deshalb schon mit dem beachtlichen Wert von
b1 = √(b02 – g2) = √((1,1g)2 – (1g)2) = 0,458 g
Die rasch steigende Geschwindigkeit führt wegen der gekrümmten Erdoberfläche zu einer nach oben wirkenden Fliehkraft (Zentrifugalkraft),
die der Schwerkraft entgegengesetzt ist. Das führt dazu, dass bei gleichbleibender Gesamtbeschleunigung für die Passagiere die Magnetschwebebahn
immer stärker beschleunigen kann. In dem Augenblick, in dem Fliehkraft und Schwerkraft gleich groß werden, würde die Magnetschwebebahn bei
ausgeschaltetem Antrieb schwerelos durch den Tunnel gleiten. Das ist nach etwa 18,52 Minuten und 3640 km bei einer Geschwindigkeit
von 28.470 km/h der Fall. Der Antrieb kann deshalb die Magnetschwebebahn jetzt mit dem maximalen Wert von
b2 = 1,100 g
beschleunigen, ohne die Passagiere zu überlasten. Die rasant weiter steigende Geschwindigkeit führt zu einer weiteren Erhöhung der Fliehkraft,
die die Passagiere nach oben drückt. Die höchstmögliche Geschwindigkeit ist erreicht, wenn die Fliehkraft 2,1 mal so groß wie die Schwerkraft ist
und die Passagiere mit 1,1 g nach oben gedrückt werden. Es sind jetzt 26,74 Minuten vergangen und 8635 km zurückgelegt. Die Geschwindigkeit von nun
41.243 km/h darf nicht weiter steigen und die Beschleunigung beträgt somit
b3 = 0,000 g.
Nach der Beschleunigungsphase muss die Magnetschwebebahn wieder auf die gleiche Weise abgebremst werden. Ist das Reiseziel mehr als zweimal 8635 km entfernt,
liegt zwischen der Beschleunigung und Abbremsung von jeweils 8635 km eine Strecke, auf der die Magnetschwebebahn mit konstanter maximaler Geschwindigkeit von
41.243 km/h fährt.
Damit die aus Antriebsbeschleunigung, Schwerkraft und Fliehkraft sich ergebende Gesamtkraft nicht als unangenehm empfunden wird, muss es in der Magnetschwebebahn
Sitze geben, die sich entsprechend der Richtung der Gesamtkraft so drehen, dass die Passagiere immer auf die gleiche Weise optimal in den Sitz gedrückt werden.
Bei maximaler Geschwindigkeit reisen die Passagiere in ihren Sitzen quasi „auf dem Kopf“.
In der folgenden Tabelle stehen Reisezeiten und maximale Geschwindigkeiten für verschiedene Reiseentfernungen, wobei ein mittlerer Erdradius von r = 6371 km
angenommen wird und die Magnetschwebebahn sich nur auf Großkreisen um die Erde bewegt, um Kurven und die damit verbundenen Querkräfte zu vermeiden.
Entfernung | Reisezeit | maximale | |
Geschwindigkeit | |||
100 km | 4,96 min | 2434 km/h | |
200 km | 6,99 min | 3471 km/h | |
500 km | 10,96 min | 5621 km/h | |
1000 km | 15,31 min | 8245 km/h | |
2000 km | 21,16 min | 12418 km/h | |
5000 km | 31,68 min | 22343 km/h | |
10000 km | 42,25 min | 34354 km/h | |
20000 km | 57,46 min | 41243 km/h |
Die letzte Tabelle enthält eine Reihe von konkreten Reisezielen mit den zugehörigen Reisezeiten und maximalen Geschwindigkeiten,
wobei Hamburg beispielhaft als Ausgangspunkt der Reise angenommen wurde.
Reise von | Entfernung | Reisezeit | maximale |
Hamburg nach | Geschwindigkeit | ||
Berlin | 260 km | 7,96 min | 3977 km/h |
Paris | 750 km | 13,34 min | 7014 km/h |
Rom | 1310 km | 17,39 min | 9636 km/h |
Athen | 2030 km | 21,30 min | 12532 km/h |
Kairo | 3130 km | 25,87 min | 16459 km/h |
Novosibirsk | 4510 km | 30,32 min | 20880 km/h |
New York | 6120 km | 34,49 min | 25496 km/h |
Bombay | 6530 km | 35,43 min | 26585 km/h |
Shanghai | 8520 km | 39,55 min | 31364 km/h |
Bangkok | 8820 km | 40,12 min | 32010 km/h |
San Francisco | 8880 km | 40,23 min | 32137 km/h |
Tokio | 8970 km | 40,40 min | 32326 km/h |
Mexiko City | 9490 km | 41,35 min | 33380 km/h |
Kapstadt | 9770 km | 41,85 min | 33922 km/h |
Rio de Janeiro | 9910 km | 42,10 min | 34187 km/h |
Singapur | 10130 km | 42,48 min | 34593 km/h |
Santiago | 12370 km | 46,17 min | 38072 km/h |
Sydney | 16260 km | 52,04 min | 41108 km/h |
Wellington | 18240 km | 54,90 min | 41243 km/h |
Antipode zu Hamburg | 20015 km | 57,48 min | 41243 km/h |
Diese Reisezeiten stellen alles in den Schatten, was sich mit Flugzeugen erreichen ließe. Selbst Raumgleiter könnten da nicht mithalten,
da ihre maximale Geschwindigkeit in einer erdnahen Umlaufbahn auf etwa 28.000 km/h begrenzt ist.
Zum Schluss kommen noch einige Informationen zum mathematischen Hintergrund. Wie schon erwähnt, soll der Betrag der Gesamtbeschleunigung b0
immer 1,1 g betragen. Er errechnet sich aus der Schwerebeschleunigung g, aus der entgegengesetzten Beschleunigung aufgrund der Fliehkraft und aus
der dazu senkrecht stehenden Vortriebsbeschleunigung b:
b02 = b2 + (g – v2/r)2 , wobei b = dv/dt = v dv/dx ist.
Daraus lassen sich die beiden Differentialgleichungen
dt = dv / √(b02 – (g – v2/r)2) und
dx = v dv / √(b02 – (g – v2/r)2) ableiten.
Als Lösung der zweiten Differentialgleichung ergibt sich der Ausdruck
x = (r/2) · (arc sin(g/b0) – arc sin((g·r – v2)/(b0·r)))
oder, nach v aufgelöst:
v = √(g·r – b0·r·sin(arc sin(g/b0) – 2·x/r)).
Für verschiedene Strecken x bekommt man dann die zugehörige Endgeschwindigkeit v. Aus v lässt sich mit Hilfe der ersten Differentialgleichung
die benötigte Zeit t bestimmen. Allerdings lässt sich diese Gleichung nur numerisch integrieren. Zu Bestimmung von Reisestrecke und Reisezeit
müssen die entsprechenden Werte verdoppelt werden, da auf die Beschleunigungsphase spiegelbildlich die Abbremsphase folgt.
Erreicht die Zentrifugalbeschleunigung die Summe von Gesamtbeschleunigung und Schwerebeschleunigung, also 2,1 g, ist eine weitere
Beschleunigung nicht mehr möglich und die Bahn fährt mit konstanter maximaler Geschwindigkeit von
vmax = √(g·r + b0·r) = 41.243 km/h.
Diese Geschwindigkeit wird nach einer Beschleunigungsstrecke von
xmax = (r/2) · (arc sin(g/b0) + (π/2)) = 8635 km erreicht.
Beträgt die Reisestrecke mehr als das Doppelte, also mehr als 17.270 km, gibt es zwischen der Beschleunigungs- und Abbremsphase eine antriebslose Phase.
Es bleibt noch anzumerken, dass bei den obigen Überlegungen von einer kugelförmigen und nicht rotierenden Erde ausgegangen wurde und die Corioliskraft
deshalb nicht berücksichtigt worden ist. Sie steht senkrecht auf Antriebs-, Schwer- und Fliehkraft. Die zugehörige Coriolis-Beschleunigung bc beträgt
bc = 2 · v · ω · sin(φ),
wobei ω die Winkelgeschwindigkeit der Erde und φ der Winkel zwischen der Richtung von v und Erdachse ist. Bei v = 41 243 km/h
und φ = 90° wird bc maximal und beträgt 0,170 g. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn die Magnetschwebebahn bei maximaler Geschwindigkeit
den Nordpol oder Südpol überquert.
Ebenso wurde nicht berücksichtigt, dass auf einer Strecke entlang des Äquators die maximal erlaubte Reisegeschwindigkeit geringer ist,
wenn sich die Magnetschwebebahn in Richtung der Erdrotation bewegt, weil sich die von der Erdrotation hervorgerufenen Fliehkraft zu der von der
Magnetschwebebahn erzeugten addiert. Andererseits erlaubt die von der Erdrotation erzeugte Fliehkraft zu Anfang eine höhere Beschleunigung,
weil sie der Gravitationskraft entgegen wirkt. Der letzte Effekt überwiegt und die Reisezeit um die halbe Erde wird durch die Erdrotation
um etwas mehr als eine Minute auf 56,41 Minuten verkürzt. Bei einer Reise entgegen der Erdrotation kehren sich natürlich alle Effekte um und
die Reisezeit um die halbe Erde verlängert sich auf 58,55 Minuten.
Copyright © Werner Brefeld (1999; Originalquelle)