Außerirdisches Leben in unserer Milchstraße (eine vorsichtige Abschätzung)
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Es gibt viele Spekulationen, wie außerirdisches Leben aussehen oder woraus es bestehen könnte. Oft haben Science-Fiction-Filme
dieses Thema zum Gegenstand. In der Naturwissenschaft geht man überwiegend davon aus, dass hohe Komplexität eine
notwendige Eigenschaft von Leben oder gar von intelligentem Leben ist. Weder in der Teilchenphysik, Kernphysik oder Atomphysik
kennt man hochkomplexe Gebilde. Auch die Forschungsgegenstände der Plasmaphysik (Plasmawolken), Meteorologie (Atmosphären)
oder Hydrodynamik (Ozeane) weisen keinen so hohen Grad an Komplexität auf. Das Gleiche gilt für die Objekte der Astrophysik
(Sterne, Oberflächen von Neutronensternen, Ansammlung Schwarzer Löcher, interstellare Gas- und Staubwolken, Galaxien).
Nur im Bereich der Chemie und dort speziell im Bereich der Kohlenstoffchemie gibt es Gebilde hoher Komplexität.
Das hängt mit der Eigenschaft von Kohlenstoff zusammen, komplexe Verbindungen mit großem Informationsgehalt bilden zu können.
Auch Silizium ist dazu in der Lage. Allerdings haben komplexe Siliziumverbindungen nicht die dafür notwendige Stabilität.
Nach aktuellem Wissensstand ist daher die Wahrscheinlichkeit für Leben auf Siliziumbasis nur gering.
Außerdem liegen die physikalischen Naturkonstanten unseres Universums erstaunlicherweise in den oft sehr engen Bereichen,
die wir als Kohlenstoff-Wesen brauchen. Es ist also durchaus möglich, dass diese sehr spezielle Struktur unseres
Universums für eine völlig andere Form von Leben oder gar intelligentem Leben ungeeignet ist.
Deshalb wird in den folgenden Überlegungen angenommen, dass die Basis aller und damit auch aller höher entwickelten Lebensformen
der Kohlenstoff ist. Und neben Kohlenstoff als Grundgerüst brauchen komplexe organische Strukturen auch Wasserstoff, Stickstoff und
Sauerstoff in großer Menge, außerdem Phosphor und Schwefel. Das Leben verwendet damit tatsächlich die 4 am häufigsten vorkommenden
chemischen Elemente, wenn man vom bindungsunfähigen Edelgas Helium einmal absieht. Und diese organischen Strukturen brauchen ein
Lösungsmittel, in dem ihre chemischen Reaktionen ablaufen können. Dabei sollte das Lösungsmittel warm sein, damit die Reaktionen
möglichst schnell ablaufen. Das aus Wasserstoff und Sauerstoff bestehende Wasser ist dafür eindeutig am besten geeignet.
Das Universum stellt also gerade die chemischen Elemente überreichlich zur Verfügung, die das Leben verwendet. Leben auf der Basis
anderer chemischer Elemente hätte also im Vergleich dazu mit gravierenden Nachteilen zu kämpfen.
Man kann als wahrscheinlich annehmen, dass Kohlenstoff-Leben, wenn es auf einem Planeten einmal entstanden ist, sich
durch Mutation und Selektion entwickelt und alle möglichen Lebensbereiche dieses Planeten besetzt. Das Leben sollte also
auf so einem Planeten Bestand haben und sich nur durch extreme Katastrophen und Veränderungen komplett auslöschen lassen.
Das wäre z.B. der Fall, wenn der Planet im Laufe der Zeit seine habitable Zone verlässt. Die Ursache dafür kann sowohl
bei ihm selbst, bei Nachbarplaneten als auch bei dem Stern liegen, den er umkreist.
Was das Verhalten von intelligentem Leben angeht, so können wir nur auf das Beispiel des Menschen und vielleicht
noch auf die Beispiele von Menschenaffen, Delphinen, Elefanten, Rabenvögeln, Papageien und Tintenfischen zurückgreifen.
Wir wissen natürlich nicht, inwieweit dieses Verhalten für das Verhalten von intelligenten Lebensformen
repräsentativ ist. Allerdings ist die Annahme, dass sich unsere grundlegenden Eigenschaften von denen anderer
intelligenter Lebewesen sehr stark unterscheiden, nicht besonders wahrscheinlich.
So darf man durchaus vermuten, dass auch andere intelligente Lebewesen neugierig sind und Forscherdrang besitzen.
Auf Grund unserer evolutionären Entwicklung müssen wir auch davon ausgehen, dass die Vermehrung, Ausbreitung,
Verdrängung, Inbesitznahme und Kolonisierung stark ausgeprägte Antriebe von intelligenten außerirdischen Lebewesen sind.
Stehen beim Menschen diese Antriebe in Konkurrenz mit dem Antrieb, etwas zu erforschen, dann bekommt die Forschung
meistens die geringere Priorität, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Sollten außerirdische Lebewesen die Erde erreichen,
so müssen wir wohl eher davon ausgehen, dass sie die Erde in Besitz nehmen, als dass sie sie zum Naturschutzgebiet
erklären, um sie zu beobachten und zu erforschen. Wir Menschen würden dann wahrscheinlich ausgerottet, bestenfalls
domestiziert, in Zoos eingesperrt oder herumgezeigt.
Schließlich ist es vernünftig, davon auszugehen, dass Energie nicht nur für uns Menschen, sondern auch für
intelligente außerirdische Lebewesen ein knappes Gut darstellt. Brechen Menschen zu Expeditionen auf, so lassen
sie praktisch immer aus energetischen Gründen Dinge im Zielgebiet zurück, sei es auf dem Mount Everest,
in der Antarktis oder auf dem Mond. Das gilt auch für unbemannte Expeditionen zum Mars, zur Venus oder
zum Saturnmond Titan.
In den ersten Milliarden Jahren nach dem Urknall gab es im Wesentlichen nur die leichten Elemente Wasserstoff
und Helium. Schwerere Elemente wurden dann in der ersten Generation von Sternen erzeugt und durch Supernova-Explosionen
in den interstellaren Raum verteilt. Erst danach konnten sich Sternensysteme mit Planeten bilden, die Kohlenstoff,
Stickstoff, Sauerstoff und andere schwere Elemente besaßen. Diese Elemente sind - wie schon erwähnt - Voraussetzung
für die Entstehung von Leben auf Kohlenstoffbasis. Seit etwa 5 Milliarden Jahren gibt es Sterne und Planeten
mit genügend schweren Elementen. Unsere Sonne und auch unsere Erde entstanden vor etwa 4,5 Milliarden Jahren.
Etwa eine Milliarde Jahre später bildeten sich hier die ersten Lebensformen und erst vor ganz kurzer Zeit entstand
der Homo sapiens. Bisher wissen wir nicht, wie Leben entsteht. Die meisten Wissenschaftler vermuten aber, dass auf
allen Planeten Leben entsteht, auf denen die Bedingungen dafür erfüllt sind. Für die folgenden Abschätzungen nehme
ich deshalb an, dass sich auf allen geeigneten Planeten im Mittel eine Milliarde Jahre nach ihrer Entstehung
- wie auf der Erde - Leben entwickelt. Dementsprechend sollten seit etwa 4 Milliarden Jahren Lebewesen existieren.
In unserer Milchstraße entstehen etwa 10 neue Sterne pro Jahr. In den letzten 5 Milliarden Jahren sind also etwa
50 Milliarden Sterne entstanden. Davon betrachte ich nur die Sterne, die viele Milliarden Jahre ziemlich konstant strahlen.
Dafür kommen hauptsächlich Gelbe Zwerge, zu denen unsere Sonne gehört, und Orangene Zwerge infrage. Rote Zwerge gehören nur
sehr bedingt in diese Kategorie, da ihre Strahlung durch intensive Flares und große Flecken meist sehr stark schwankt. Außerdem sollten
die eben erwähnten Sterne Planetensysteme besitzen. Das ist meistens nur möglich, wenn sie zu keinem Doppel- oder Mehrfach-Sternsystem
gehören. Wenn man annimmt, dass etwa 10% der Sterne diese Bedingungen erfüllen, dann gibt es momentan etwa 5 Milliarden Sterne mit
diesen Eigenschaften. Und die dazugehörenden Planeten sollten genügend schwere Elemente besitzen. Bei etwa 10% dieser Sterne
sollte sich mindestens ein geeigneter Planet oder gelegentlich auch ein geeigneter Mond eines Planeten in der Ökosphäre befinden,
also in einer für Leben geeigneten Zone. Auch außerhalb der Ökosphäre könnte ein Planet einen seiner Monde durch Gezeitenreibung so
aufheizen, dass dort lebensfreundliche Wasserozeane entstehen.
In den letzten 5 Milliarden Jahren wären demnach etwa 500 Millionen geeignete Planeten in unserer
Milchstraße entstanden und 400 Millionen von ihnen wären belebt.
Der mittlere Abstand zwischen zwei Planeten mit Leben betrüge dann etwa 35 Lichtjahre.
Man könnte möglicherweise dieses Leben nachweisen, indem man die Atmosphäre des entsprechenden Planeten über den Nachweis von Ozon
auf den dann auch vorhandenen Sauerstoff untersucht. Ohne die Produktion von Sauerstoff durch Lebewesen würde dieses Gas vermutlich
nicht lange in der Atmosphäre bleiben, weil es recht einfach mit anderen Elementen reagiert. Deshalb werden Sauerstoff und Ozon neben
Methan auch als Biomarker bezeichnet.
Ab wann Leben als intelligent gelten soll, ist eine sehr schwierige Frage, auf die es sehr viele verschiedene Antworten gibt.
Bei den folgenden Überlegungen soll unter intelligentem Leben eine technologisch entwickelte Zivilisation verstanden
werden, die aufgrund ihrer Intelligenz in der Lage wäre, interstellare Raumfahrt zu betreiben und Funksignale über interstellare
Entfernungen auszusenden. Die Menschheit würde dementsprechend höchstens ansatzweise dieser Definition entsprechen. Möglicherweise
engt diese Definition den Begriff von intelligentem Leben stark ein. Sie soll hier trotzdem verwendet werden, weil wir intelligente
außerirdische Lebewesen nur bemerken können, wenn sie die Erde erreichen oder wenn wir ihre Funksignale auffangen.
Es ist schwer abzuschätzen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass auf einem Planeten, auf dem Leben entstanden ist,
sich auch intelligentes Leben entwickelt. Auf der Erde gibt es Leben seit etwa 3,5 Milliarden Jahren. Den Homo sapiens gibt es erst
seit etwa 300.000 Jahren, also erst seit ganz kurzer Zeit. Nun gibt es auf der Erde aber auch andere Lebewesen mit einer gewissen Intelligenz.
Man kann sich deshalb fragen, ob auf der Erde in der Vergangenheit vielleicht eine technologisch entwickelte intelligente Art gelebt hat,
die aus unbekannten Gründen wieder ausgestorben ist. Bekanntermaßen haben wir unzählige Spuren von Leben bis zu seinen Anfängen gefunden,
jedoch sind wir bisher auf keine fremden technischen Werke gestoßen. Die von uns geschaffenen Geräte und Bauwerke sollten sich aber auch
noch in ferner Zukunft nachweisen lassen. Also muss man davon ausgehen, dass wir sehr wahrscheinlich die erste und bisher einzige
technologisch entwickelte intelligente Art auf der Erde sind.
Allerdings dürften die Anforderungen an Planeten, die intelligentes Leben hervorbringen können, wesentlich höher
sein als die Anforderungen, die Planeten erfüllen müssen, damit überhaupt Leben möglich ist. Vielleicht ist für
intelligentes Leben immer ein Mond erforderlich, der die Planetenachse stabilisieren kann und damit zu starke Klimaschwankungen
verhindert. Und der Planet sollte vielleicht durch einen großen äußeren Nachbarplaneten vor den meisten katastrophalen
Meteoriteneinschlägen geschützt werden. Andererseits sollte verhindert werden, dass der große Planet durch die habitable Zone
wandert und einen kleinen Planeten, auf dem sich Leben entwickeln könnte, aus dem Weg räumt. Dafür ist wahrscheinlich ein
zweiter großer Planet erforderlich. Ein weiteres Problem ist, dass sich einerseits bewohnbare Planeten nur aus Sternenasche
bilden können, die durch Supernova-Explosionen in den Weltraum geschleudert worden ist. Andererseits stellen nahe
Supernova-Explosionen zumindest für höher entwickelte Lebensformen eine Gefahr dar, die ihre Existenz bedroht.
Solche Planeten sollten sich also nicht in einem Gebiet mit vielen Supernova-Explosionen aufhalten. Der innere Bereich
unserer Milchstraße wäre demnach kein geeigneter Ort. In den Außenbereichen unserer Milchstraße könnte dagegen zu
wenig Material von Supernova-Explosionen vorhanden sein, um geeignete Planeten entstehen zu lassen. Schließlich sollte
das Zentralgestirn über lange Zeiträume konstanter strahlen, als es für das Überleben vieler einfacher
Lebensformen nötig wäre. Es scheint deshalb nicht unvernünftig, anzunehmen, dass nur auf etwa 1 Promille der belebten
Planeten die Bedingungen so gut sind, dass dort auch intelligentes Leben entstehen kann. Das wäre also
bei etwa 400.000 Planeten der Fall. Das intelligente Leben hätte sich auf diesen Planeten dann im Mittel vielleicht
- wie auf der Erde - etwa 4,5 Milliarden nach ihrer Entstehung entwickelt. Demnach wären auf
den 5 Milliarden Jahren alten Planeten mit genügend schweren Elementen vor etwa 500 Millionen Jahren die ersten
intelligenten Lebensformen in unserer Milchstraße entstanden.
Von den 400.000 für intelligentes Leben geeigneten Planeten wären demnach erst
etwa 1/8 (= 500 Millionen Jahre / 4 Milliarden Jahre) von intelligenten Lebewesen bewohnt. Das wäre in unserer
Milchstraße aber noch immer bei etwa 50.000 Planeten der Fall. Dies ist eine durchaus große Zahl. Sie bedeutet,
dass der mittlere Abstand zwischen zwei solchen Planeten etwa 700 Lichtjahre betrüge.
Warum haben wir bisher nichts von ihnen bemerkt? Bisher spricht alles dafür, dass die Erde bisher
nicht erobert und kolonisiert worden ist, was von sich ausbreitenden außerirdischen Zivilisationen
am ehesten zu erwarten wäre. Selbst wenn sie uns nur gelegentlich besucht hätten, um uns
zu beobachten und zu erforschen, so hätten wir inzwischen durchaus Geräte oder Unterkünfte finden können,
die sie auf der Erde, dem Mond oder dem Mars aus energetischen Gründen zurücklassen mussten. Bei
längeren Forschungsaufenthalten in unserem Sonnensystem hätten sie wahrscheinlich auch Siedlungen angelegt und
künstliche Geländeumgestaltungen vorgenommen.
Wie würden sich intelligente Lebewesen, die die interstellare Raumfahrt beherrschen, in unserer
Galaxis ausbreiten? Wahrscheinlich würden sie zunächst versuchen, den nächstgelegenen Planeten mit
einer Ökosphäre anzufliegen. Die dort vorhandenen Bedingungen würden so einen Raumflug wesentlich
sicherer und energetisch günstiger machen. Nach der obigen Abschätzung ist so ein Planet
im Mittel etwa 35 Lichtjahre entfernt.
Angenommen, die außerirdische Zivilisation hätte die Technologie, mit einem oder mehreren
bemannten Raumschiffen einen 35 Lichtjahre entfernten Planeten zu erreichen. Wann würden
sie diese Raumschiffe losschicken?
Dazu ein Beispiel: Inzwischen haben einige von Menschen geschaffene Raumsonden
(z.B. Pioneer 10, Pioneer 11, Voyager 1 und Voyager 2) unser Sonnensystem mit einer Geschwindigkeit von
etwa 15 km/s verlassen. In etwa 700.000 Jahren sind sie 35 Lichtjahre von der Erde entfernt.
Würden wir bemannte Raumschiffe losschicken, wenn wir sehr sicher wären, dass deren Nachkommen in 700.000
Jahren wohlbehalten den Zielplaneten erreichten? Wohl kaum. Wir würden es schon deswegen nicht tun,
weil wir ziemlich sicher sind, dass sich in so einer langen Zeit unsere Technologie so weiterentwickeln wird,
dass wir mit moderneren Raumschiffen die losgeschickten Raumschiffe überholen würden, lange bevor diese
ihr Ziel erreichten. Der frühe Abflugtermin macht dann keinen Sinn. Wir würden also so lange
warten, bis uns die Wahrscheinlichkeit groß genug erschiene, dass wir uns selbst nicht mehr
überholen würden. Nun kann man eine zukünftige technologische Entwicklung sehr schwer abschätzen.
Unsere Prognosen reichen meist nur einige Jahrzehnte, maximal einige Jahrhunderte in die Zukunft.
Wahrscheinlich würden wir frühestens ein bemanntes Raumschiff losschicken, wenn es in höchstens 1000 Jahren
einen 35 Lichtjahre entfernten belebten Planeten erreichen kann. Dazu müsste das Raumschiff im Mittel
mit 3,5% der Lichtgeschwindigkeit fliegen. Es ist denkbar, dass eine außerirdische Zivilisation wenigstens
prinzipiell über die dafür nötige Technologie verfügt. Eine andere Frage ist, ob sie auch über die
dafür notwendige Energie verfügt und ob sie dann bereit wäre, diese Energie für einen solchen
Raumflug einzusetzen.
Wenn man nun annimmt, dass sich die Raumfahrer und Raumfahrerinnen auf dem neuen Planeten etwa 1000 Jahre aufhalten,
um ihn in Besitz zu nehmen und sich zu vermehren, bevor einige von ihnen zum nächsten
Planeten mit einer Ökosphäre aufbrechen, dann würden sie 700 Lichtjahre in etwa 40.000 Jahren
überbrückt haben. Das ist die nächste Entfernung von uns, bei der sich nach der obigen
Abschätzung intelligentes Leben gebildet haben sollte.
Warum haben sie uns dann noch nicht erreicht, da intelligentes Leben nach der obigen Überlegung
schon vor etwa 500 Millionen Jahren entstanden ist?
Die zu Anfang gemachte Überlegung geht davon aus, dass einmal entstandenes Leben mit seinen Millionen
Arten nur schwer wieder verschwindet. Das muss natürlich nicht für eine außerirdische
Zivilisation gelten, die vermutlich nur aus einer Art besteht. Man kann deshalb die Tatsache,
dass wir bisher nicht von ihnen besucht worden sind, auch so deuten, dass die maximale Lebensdauer
einer solchen technischen Zivilisation nur etwa 40.000 Jahre beträgt.
Es würden demnach momentan nicht 50.000 außerirdische technische Zivilisationen, sondern
höchstens der 12 500ste Teil (= 40.000 Jahre / 500 Millionen Jahre) davon in unserer Milchstraße existieren.
Das wären dann höchstens 4 außerirdische Zivilisationen und der mittlere Abstand zwischen ihnen betrüge
etwa 15.000 Lichtjahre.
Was könnten die Gründe für die begrenzte Lebensdauer einer solchen technischen Zivilisation sein?
Es wäre denkbar, dass sie sich durch Krieg oder durch Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen selbst vernichtet,
bevor sie zur interstellaren Raumfahrt fähig ist.
Es könnte natürlich auch sein, dass sie ihrer Hochtechnologie überdrüssig wird, bevor sie interstellare Raumfahrt
betreiben kann. Allerdings wäre ihr Planet dann von außen betrachtet kaum von einem Planeten mit nur einfachem Leben
zu unterscheiden.
Schließlich ist es sehr wahrscheinlich, dass so eine Zivilisation die notwendige gigantische Energie nicht
bereitzustellen kann oder will, um mit einem Raumschiff Planeten außerhalb ihres Sternsystems zu erreichen
(siehe dazu: Reisezeiten mit einem interstellaren Raumschiff).
Sollte sie jedoch in der Lage und willens sein, interstellare Funkbotschaften auszusenden, so könnte man
eventuell auf diesem Wege von ihrer Existenz erfahren.
In den letzten beiden Fällen könnte die Lebensdauer einer solchen Zivilisation natürlich mehr als 40.000 Jahre
betragen.
Wenn uns schon außerirdische Lebewesen bisher nicht selber besucht haben, warum haben sie dann nicht wenigstens ihre Roboter geschickt? Wir schicken ja auch Roboter z.B. zum Mars, um ihn zu erkunden. Stellen wir uns vor, ihre Roboter würden zu einem etwa 35 Lichtjahre entfernten belebten Planeten aufbrechen, um ihn zu erforschen und seine Ressourcen zu nutzen. Nehmen wir an, dass sie für diese Reise auch etwa 1000 Jahre benötigen würden. Wie intelligente Lebewesen müssten auch sie dann in der Lage sein, ihr Raumschiff und ihre Roboter-Kollegen während der langen Reise zu warten und zu reparieren. Wenn ihnen die Außerirdischen entsprechende Ersatzteile mitgeben, dann sollte das auch möglich sein. Aber auf dem neuen Planeten werden ihnen irgendwann die Ersatzteile ausgehen. Dann müssten sie selber Ersatzteile für ihre Geräte und für sich selber herstellen können. Das ist gleichbedeutend damit, dass die Roboter sich selbst reproduzieren, also fortpflanzen müssten. Aus der heutigen Sicht würden die dafür benötigten Produktionsanlagen z.B. für die Rohstoffgewinnung und die Herstellung von Halbzeugen alle bekannten Dimensionen sprengen, da diese Anlagen ja auch noch ihre eigenen Ersatzteile herstellen müssten. Und der Energiebedarf wäre im Vergleich zu sich selbst reproduzierenden biologischen Wesen sehr groß. Wegen seiner Größe wäre so ein Reproduktionssystem auch sehr empfindlich gegen Umwelteinflüsse. Das könnten die Außerirdischen dadurch verhindern, dass sie die Teile ihrer Roboter so miniaturisieren, wie es das biologische Leben mit seinen Zellen gemacht hat. Es könnte also sehr gut sein, dass auch ihre Roboter aus zellgroßen Teilen bestehen müssten, damit sie sich mit vertretbarem Aufwand und Ausfallrisiko fortpflanzen können. Und es könnte sich sehr gut herausstellen, dass diese kleinen Teile aus den gleichen chemischen Elemente bestehen müssten, die auch die uns bekannten biologischen Lebewesen verwenden. In gewisser Weise wären dann die Roboter den außerirdischen Lebewesen ähnlich, die sie losgeschickt hätten. Und sie hätten die gleichen Probleme, interstellare Entfernungen zu überwinden. Vielleicht ist das ja der Grund, dass uns bisher auch noch keine Roboter besucht haben.
Wie steht es nun mit einem möglichen Funkkontakt mit außerirdischen Zivilisationen?
Technisch gesehen könnten wir über eine Entfernung von bis zu etwa 700 Lichtjahren Botschaften versenden,
wenn der Gesprächspartner über eine gleichwertige Ausrüstung verfügt (Radioteleskop mit 100m Durchmesser,
Sendeleistung von 1 MW, Sendefrequenz von 11 GHz und Datenrate von 1 bit/s).
Geplante und gezielte Funkbotschaften hat es bisher jedoch kaum gegeben. Viele halten es auch für gefährlich,
auf sich aufmerksam zu machen. Sie gehen, wie auch die obigen Überlegungen, eher von einem erobernden Verhalten
einer fremden Zivilisation aus. Selbst wenn die Lebensdauer einer solchen Zivilisation maximal nur
40.000 Jahre betragen sollte, dann wäre sie uns technologisch im Durchschnitt immer noch um etwa 20.000 Jahre
voraus, wenn sie uns erreichen würde. Mit so einer überlegenen Zivilisation wollen wir nicht wirklich direkt
zusammentreffen.
Allerdings erscheint es aus energetischen Gründen zunehmend wahrscheinlicher, dass weder wir noch außerirdische
Zivilisationen jemals interstellare Flüge werden unternehmen können. In diesem Fall treten die positiven Aspekte
solcher Botschaften immer deutlicher hervor. Erhielten wir eine Botschaft, dann würden uns die Außerirdischen
an ihrem Wissen und ihren Gedanken teilhaben lassen. Außerdem würden wir erfahren, dass wir nicht allein sind.
Die Außerirdischen würden im dem Fall also Botschaften versenden ohne die Hoffnung, daraufhin auch Botschaften
zu bekommen, weil eine sinnvolle Kommunikation mit einer anderen Zivilisation wegen der sehr großen Entfernungen
und der damit verbundenen langen Laufzeiten der Signale praktisch unmöglich ist. Vielleicht wäre ihre Motivation
die stille Hoffnung, dass auch andere Zivilisationen selbstlos Botschaften versenden. Denn wenn alle nur lauschen
würden, gäbe es keine interstellaren Botschaften.
Allerdings dürfte das Entdecken der vermutlich - wenn überhaupt - sehr wenigen fremden Botschaften sehr schwierig sein.
Sollte die nächste außerirdische Zivilisation nicht 700 Lichtjahre, sondern - wie oben angenommen - etwa 15.000 Lichtjahre
entfernt sein, dann ist die Wahrscheinlichkeit für die Entdeckung einer solchen Botschaft fast Null. Wir werden uns
also gut überlegen müssen, wie viel Zeit, Kraft und Energie wir in die vermutlich sehr langwierige und möglicherweise
vergebliche Suche investieren wollen. Sollten wir uns entschließen, dauerhaft in einem sinnvollen Rahmen nach
Botschaften zu suchen, sollten wir vielleicht auch in diesem Rahmen aus dem oben genannten Grunde gezielte Botschaften
versenden.
Nach unserem bisherigen Wissensstand wäre es möglich, dass es in unserem Sonnensystem außerirdisches
Leben auf dem Mars, auf dem Jupitermond Europa oder dem Saturnmond Enceladus gibt.
Nach der Entstehung des Mars vor etwa 4,5 Milliarden Jahren gab es dort wahrscheinlich für mehrere hundert Millionen Jahre
lebensfreundliche Bedingungen. Sollte in dieser Zeit Leben entstanden sein, dann könnte es sich, nachdem auf dem Mars
die Atmosphäre weitgehend und offenes Wasser vollständig verschwunden war, unter die Marsoberfläche in Nischen mit
flüssigem Wasser zurückgezogen haben. Sollte dort entstandenes Leben wieder ausgestorben sein, dann lassen sich eventuell
im Marsboden noch fossile Überreste davon finden.
Auf Europa und Enceladus existiert unter dem Eismantel auf der Oberfläche jeweils ein viele Kilometer tiefer Wasserozean.
Diese Ozeane werden durch die Energie der Gezeitenreibung, die von Jupiter bzw. Saturn verursacht werden, flüssig gehalten.
Am Boden dieser Ozeane gibt es vermutlich hydrothermale Quellen, an denen dann vielleicht Leben entstanden sein könnte.
Dieses könnte auch heute noch existieren.
Ist es denkbar, dass es auf der Erde schon Zivilisationen gab, bevor sich die Menschen entwickelten?
Welche Zeiten und welche Lebewesen kämen dafür infrage?
Bis vor 360 Millionen Jahren lebten alle Tiere nur in den Weltmeeren. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass darunter eine oder
mehrere Tierarten eine Intelligenz entwickelt haben, die es Ihnen ermöglichte, eine Zivilisation aufzubauen. Schon allein
die Herstellung von Gegenständen z.B. zum Gebrauch oder für schriftliche Aufzeichnungen dürfte unter Wasser ungleich schwieriger
sein als an Land. Deshalb ist es sinnvoll, die Überlegungen auf die Tiere zu konzentrieren, die sich seit etwa 360 Millionen
Jahren an Land entwickelten. Sie wurden allerdings zunächst wieder fast vollständig durch die beiden globalen Katastrophen vor
250 bzw. 200 Millionen Jahren wieder ausgelöscht. Aus dieser ersten Periode sind keine Tiere bekannt, denen man aufgrund ihrer
Intelligenz und ihres Körperbaus den Aufbau einer Zivilisation zugetraut hätte. Nach diesen beiden Katastrophen begann die
Blütezeit der Dinosaurier, die mit dem Einschlag eines großen Meteoriten vor etwa 65 Millionen Jahren abrupt endete. In diesem
Zeitalter der Dinosaurier lebte das Troodon, das auf zwei Beinen lief und dessen Arme und Hände für die Herstellung und den
Gebrauch von Werkzeugen hätten geeignet sein können. Außerdem hatte es ein ungewöhnlich großes Gehirn und viele Wissenschaftler
halten es für den intelligentesten aller Dinosaurier. Nach dem Einschlag des Meteoriten begann dann die bis heute andauernde
Blütezeit der Säugetiere, die schließlich den Menschen hervorbrachte. Soweit man weiß, hat sich in dieser letzten Periode
abgesehen vom Menschen kein Tier so weit entwickelt, dass es eine Zivilisation hätte aufbauen können. Man ist sich auch deswegen
relativ sicher, weil viele der am weitesten entwickelten Tiere wie Menschenaffen, Delphine, Elefanten, Rabenvögeln und Papageien
heute noch leben.
Die Überlegungen laufen also mehr oder weniger auf die Frage hinaus: Wenn das Troodon eine Zivilisation ähnlich der
unseren hervorgebracht hätte, wären wir dann heute noch in der Lage, diese nachzuweisen. Auf jeden Fall ist so ein Nachweis
schwieriger, als man sich das zunächst vorstellt. Denn alle Dinge auf der Erdoberfläche unterliegen der Verwitterung.
Nach einer so langen Zeit sollte davon nichts mehr übrig sein. Anders sieht es mit den Dingen aus, die im Erdboden konserviert
wurden. Auch wenn es nicht einfach sein sollte, so müsste es doch eigentlich gelingen, im Erdboden Dinge oder Strukturen
zu finden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen natürlichen Ursprung haben. Bisher wurde so etwas nicht gefunden.
Deshalb kann man wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass wir Menschen die bisher einzige Zivilisation
auf der Erde errichtet haben. Fast sicher können wir sogar sein, dass die Troodons keine Raumfahrt betrieben
haben und z.B. auf dem Mond gelandet sind. Da der Mond keine Atmosphäre besitzt und deshalb dort nichts verwittern kann,
hätten wir mit hoher Wahrscheinlichkeit inzwischen Gegenstände gesichtet, die sie dort hinterlassen hätten.
Die bisherigen Überlegungen gelten grundsätzlich nicht nur für unsere Milchstraße, sondern auch für
die übrigen Galaxien des Universums. Eine maximale Lebensdauer von etwa 40.000 Jahren würde aber für eine technische
Zivilisation bei weitem nicht ausreichen, um eine benachbarte Galaxis (also auch z.B. unsere Milchstraße) zu erreichen,
da die mittlere Entfernung zwischen den Galaxien einige Millionen Lichtjahre beträgt.
Nach den obigen Überlegungen ist also ein Besuch von außerirdischen Lebewesen (glücklicherweise) extrem unwahrscheinlich.
Aber vielleicht empfangen wir eines Tages Funksignale von ihnen.
Natürlich kann sich die Situation für Leben und intelligentes Leben in unserer Milchstraße und im übrigen Universum auch ganz
anders darstellen. Es gibt dazu ungezählte Spekulationen. Ich bin jedoch der Meinung, dass das hier vorgestellte Szenario
nach unserem bisherigen naturwissenschaftlichen Kenntnisstand wahrscheinlicher ist als die meisten anderen Vermutungen.
Copyright © Werner Brefeld (2008)