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Zweiklang, Konsonanz, Dissonanz, Oktave, Quinte, Quarte und Terz

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Welches sind die konsonanten Zweiklänge (Intervalle) in der Musik? Warum klingt die Quinte sehr konsonant (wohlklingend), die kleine Sekunde dagegen sehr dissonant (schräg)?


Zweiklänge

Wie der Name sagt, besteht ein Zweiklang aus zwei gleichzeitig erklingenden Tönen. Physikalisch gesehen kann man diesen beiden Tönen Frequenzen und Wellenlängen zuordnen. Der höhere Ton hat dabei die größere Frequenz, aber die kleinere Wellenlänge. Beispielsweise besitzt der Kammerton a1 oder a' die Frequenz von 440 Hz oder 440 Schwingungen pro Sekunde. Das eine Oktave höher liegende a2 hat die doppelte Frequenz, also 880 Hz, aber die halbe Wellenlänge. Intervalle lassen sich nun durch das Frequenzverhältnis ihrer beiden Töne charakterisieren. Bei der reinen Quinte beträgt das Verhältnis der Frequenz f1 des höheren Tons zur Frequenz f2 des tieferen Tons f1: f2 = 3:2 oder als Bruch ausgedrückt f1/ f2 = 3/2. Man kann auch sagen, dass 3 Wellen des höheren Tons in der gleichen Zeit erzeugt werden wie 2 Wellen des tieferen Tons. Oder anders ausgedrückt: Nach 3 Wellen des höheren Tons und 2 Wellen des tieferen Tons haben die beiden Töne der Quinte wieder die gleiche Phase zueinander.

Es zeigt sich, dass die Konsonanz von Zweiklängen als umso größer empfunden wird, je weniger Wellen die beiden Töne benötigen, bis sie sich wieder zueinander in Phase befinden. Wie kann man nun aus den beiden Werten für die Anzahl der benötigten Wellen die Konsonanz des Zweiklangs berechnen? Dazu ist es sinnvoll, den Ton zu suchen, dessen Tonhöhe genau in der Mitte zwischen den beiden Tönen des Zweiklangs liegt. Dann berechnet man, wie viele Wellen dieser quasi repräsentative mittlere Ton erzeugen würde, bis die beiden Töne des Zweiklangs wieder in Phase sind. Dieser Wert wäre dann ein Maß für die Konsonanz des Zweiklangs. Je kleiner die Zahl, desto konsonanter ist der Zweiklang. Für die Berechnung muss allerdings der oben erwähnte Bruch, der das Frequenzverhältnis beschreibt, solange gekürzt werden, bis Zähler und Nenner teilerfremd sind. Sonst erhält man nicht die beiden kleinsten Anzahlen der Wellen, nach denen die Töne des Zweiklangs wieder in Phase sind.

Beispielsweise liegen bei der großen Terz die beiden Töne 4 Halbtonschritte auseinander. Der Ton in der Mitte dazwischen liegt damit 2 Halbtonschritte über dem unteren und 2 Halbtonschritte unter dem oberen Ton. Wäre der Frequenzabstand der beiden Töne des Zweiklangs zum mittleren Ton jeweils gleich, bräuchte man zu Bestimmung des Konsonanzwerts nur das arithmetische Mittel der beiden Wellenzahlen zu berechnen. Bei der reinen Quinte ergäbe sich dann einfach der Wert (3+2)/2 = 2,5. Nun sind aber nicht die Frequenzabstände gleich, sondern die Frequenzverhältnisse zwischen dem höheren und dem mittleren Ton bzw. dem mittleren und dem tieferen Ton. Deshalb muss man zur Berechnung des Konsonanzwerts das geometrische Mittel heranziehen. Im Falle der reinen Quinte liefert das geometrische Mittel den Wert √(3·2) = √6 = 2,45. Nach 2,45 Wellen des mittleren Tons sind die beiden Töne der Quinte also wieder in Phase.

In der folgenden Tabelle sind für die bekanntesten reinen Zweiklänge bis zur Oktave das Frequenzverhältnis, der eben erwähnte Wert für die Konsonanz sowie die Klangempfindung der meisten Menschen aufgeführt:


ZweiklangFrequenz-Konsonanz-Klang-
verhältniswertempfindung
 
kleine Sekunde16:15 (= 1,067)15,49sehr dissonant
große Sekunde 9:8     (= 1,125)  8,49dissonant
kleine Terz 6:5     (= 1,200)  5,48konsonant
große Terz 5:4     (= 1,250)  4,47konsonant
Quarte 4:3     (= 1,333)  3,46sehr konsonant
Tritonus 45:32 (= 1,406)37,95sehr dissonant
Quinte 3:2     (= 1,500)   2,45sehr konsonant
kleine Sexte 8:5     (= 1,600)  6,32konsonant
große Sexte 5:3     (= 1,667)  3,87konsonant
kleine Septime16:9   (= 1,778)12,00dissonant
große Septime 15:8   (= 1,875)10,95dissonant
Oktave 2:1     (= 2,000)  1,41sehr konsonant

Nach der Tabelle empfinden die meisten Menschen Zweiklänge als konsonant, bei denen die entsprechenden Werte kleiner als etwa 7 sind. Intervalle mit größeren Werten werden als dissonant empfunden. Insgesamt sind in der Tabelle 7 Zweiklänge als mehr oder weniger konsonant aufgeführt. Es gibt jedoch bis zur Oktave insgesamt 11 Zweiklänge, die nach dem oben genannten Kriterium als konsonant gelten würden. Die fehlenden 4 Zweiklänge sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt:


Zweiklang Frequenz-Konsonanz-Klang-
verhältniswertempfindung
 
septimale kleine Terz7:6     (= 1,167)  6,48
Huygens' Tritonus 7:5     (= 1,400)  5,92
Naturseptime 7:4     (= 1,750)  5,29konsonant
weite kleine Septime 9:5     (= 1,800)  6,71

In unserer auf dem Zwölftonsystem basierenden Musik kommen sie allerdings nicht vor. Sie sind auch nur wenig konsonant. Die Intervalle mit dem Frequenzverhältnis 7:6, 7:5 und 7:4 werden auch als "Blue Notes" bezeichnet. Bei der Auswahl der besten Tonsysteme in der Musik kommt es jedoch darauf an, dass die Zweiklänge mit der größten Konsonanz gut realisiert werden können.

Wenn man alle oben erwähnten Intervalle nach dem Konsonanzwert sortiert, ergibt sich folgende Tabelle:


Zweiklang Frequenz-Konsonanz-Klang-
verhältniswertempfindung
 
Oktave 2:1   1,41sehr konsonant
Quinte 3:2   2,45sehr konsonant
Quarte 4:3   3,46sehr konsonant
große Sexte 5:3   3,87konsonant
große Terz 5:4   4,47konsonant
Naturseptime 7:4   5,29konsonant
kleine Terz 6:5   5,48konsonant
Huygens' Tritonus 7:5   5,92
kleine Sexte 8:5   6,32konsonant
septimale kleine Terz7:6   6,48
weite kleine Septime 9:5   6,71
große Sekunde 9:8   8,49dissonant
große Septime 15:8 10,95dissonant
kleine Septime 16:9 12,00dissonant
kleine Sekunde 16:1515,49sehr dissonant
Tritonus 45:3237,95sehr dissonant

Bemerkung: Manchmal wird die Konsonanz auch durch die Übereinstimmung von Obertönen der beiden Töne des Zweiklangs definiert. Mathematisch gesehen ist dieses Verfahren gleichwertig mit dem oben beschriebenen. In beiden Fällen erhält man exakt dieselbe Konsonanzreihenfolge der Töne. Das oben beschriebene Verfahren hat jedoch den Vorteil, dass es auch auf Zweiklänge mit obertonfreien Tönen anwendbar ist.


Grenzen der Konsonanzberechnung

Natürlich kann die obige Berechnung nur ein grober Anhaltspunkt für die Konsonanz von Zweiklängen sein. Es ist immer eine Vereinfachung, wenn man zwei Wellenzahlen auf einen Konsonanzwert reduziert. Die Konsonanz hängt außerdem auch noch von der Stärke und der Verteilung der Obertöne ab, die die verschiedenen Musikinstrumente erzeugen. Schließlich spielt die unterschiedliche neuronale Verarbeitung der Klänge in den Hörzentren der menschlichen Gehirne eine Rolle. Anschaulicher ausgedrückt, wird die Klangempfindung im Gehirn durch genetische und kulturelle Faktoren beeinflusst. Diese Faktoren lassen sich bisher nicht berechnen.

Bei der Berechnung der Konsonanz muss man auch noch berücksichtigen, dass ein Mensch normalerweise Töne nicht mehr unterscheiden kann, deren Frequenzen weniger als etwa 0,4% auseinanderliegen. Will man also von einem Zweiklang mit einem beliebigen Frequenzverhältnis die Konsonanz bestimmen, so muss man auch alle Zweiklänge untersuchen, deren Frequenzverhältnisse um bis zu 0,4% kleiner oder größer sind. Befindet sich in diesem Bereich ein Zweiklang, der konsonanter ist als der zu untersuchende Zweiklang, dann nimmt der Mensch nur den konsonanteren Zweiklang wahr.

Als Beispiel kann man die Quinte auf dem gleichstufig gestimmten Klavier mit ihrem "krummen" Frequenzverhältnis von etwa 1,4983 : 1 nehmen (siehe dazu die Web-Seite über Tonsysteme). Rechnerisch handelt es sich hier also um einen extrem dissonanten Zweiklang. Verkleinert bzw. vergrößert man dieses Frequenzverhältnis um 0,4%, dann landet man bei Zweiklängen mit Frequenzverhältnissen von etwa 1,4923 : 1 bzw. 1,5043 : 1. Zwischen diesen beiden Zweiklängen ist der konsonanteste Zweiklang die reine Quinte mit ihrem Frequenzverhältnis von 1,5 : 1 oder 3:2. Der Mensch nimmt also die Quinte auf dem gleichstufig gestimmten Klavier als reine Quinte wahr.


Dreiklänge und Vierklänge

Wie kann man nun die Konsonanz von reinen Dreiklängen und Vierklängen bestimmen? Dazu muss man sich klar machen, dass ein Dreiklang aus einer Kombination von 3 Zweiklängen und ein Vierklang aus 6 Zweiklängen besteht. Der Dur-Dreiklang enthält beispielsweise die Zweiklänge große Terz, kleine Terz und Quinte. Bildet man das geometrische Mittel aus der Konsonanz dieser Zweiklänge, erhält man durchaus ein grobes Maß für die Konsonanz des reinen Dur-Dreiklangs. Die entsprechende Rechnung ergibt den Wert von dritte Wurzel aus (√(5·4) · √(6·5) · √(3·2)) = 3,91. Die folgende Tabelle enthält einige bekannte Dreiklänge und Vierklänge:


Dreiklang/ Frequenz-Konsonanz-Klang-Intervalle
Vierklang verhältniswertempfindung(aufsteigend)
 
Dur-Dreiklang 6:5:4   3,91konsonantgr. Terz,   kl. Terz
Moll-Dreiklang 15:12:10   3,91konsonantkl. Terz,   gr. Terz
Quartsextakkord (Dur) 5:4:3   3,91konsonantQuarte,   gr. Terz
Sextakkord (Moll) 20:15:12   3,91konsonantgr. Terz,   Quarte
Quartsextakkord (Moll) 24:20:15   4,93konsonantQuarte,   kl. Terz
Sextakkord (Dur) 8:6:5   4,93konsonantkl. Terz,   Quarte
übermäßiger Dreiklang 25:20:16   7,37dissonantgr. Terz,   gr. Terz
verminderter Dreiklang 36:30:25   9,65dissonantkl. Terz,   kl. Terz
 
kleiner Moll-Septakkord 18:15:12:10  4,19kl. Terz,   gr. Terz,   kl. Terz
großer Dur-Septakkord 15:12:10:8   4,39gr. Terz,   kl. Terz,   gr. Terz
Naturseptakkord 7:6:5:4   4,80gr. Terz,   kl. Terz,   septim. kl. Terz
großer Moll-Septakkord 75:60:48:40  6,24kl. Terz,   gr. Terz,   gr. Terz
Dominantseptakkord 36:30:25:20  6,36gr. Terz,   kl. Terz,   kl. Terz
(kleiner Dur-Septakkord)


Insgesamt gibt es 63 reine Dreiklänge, die weniger als eine Oktave umfassen und die nach der obigen Definition einen Konsonanzwert von kleiner als 7 besitzen, die also als konsonant gelten würden.


Mehrklänge mit Tönen unterschiedlicher Lautstärke

Die obigen Rechnungen lassen sich auch erweitern auf die Konsonanz von Klängen, bei denen die einzelnen Töne eine unterschiedliche Lautstärke besitzen. Für die Berechnung muss man zuerst die Klänge in eine Prime, einen Zweiklang, einen Dreiklang usw. zerlegen, wobei die Lautstärke der einzelnen Töne eines Klangs gleich sein muss. Als Beispiel kann man einen Zweiklang mit zwei Tönen im Abstand einer Quinte (3 : 2) nehmen, wobei der obere Ton 75% und der untere Ton 25% der Gesamtlautstärke besitzt. Diesen Zweiklang zerlegt man in eine Quinte, deren beide Töne jeweils 25% der Gesamtlautstärke aufweisen, und in eine Prime (Konsonanz = 1), die vom restlichen oberen Ton mit 50% der Gesamtlautstärke erzeugt wird. Die Prime kann man auch als Zweiklang auffassen, wobei die beiden gleichen Töne dann jeweils 25% der Gesamtlautstärke besitzen. Die Berechnung sieht dann so aus:

Konsonanz = (30,25 · 20,25) · (10,25 · 10,25) = 1,565

Dieser Wert ist - so wie man das auch erwarten würde - das geometrische Mittel aus der Konsonanz einer Quinte und einer Prime.

Eine weiteres Beispiel wäre ein Dur-Dreiklang (6:5:4), bei dem der obere Ton 30%, der mittlere Ton 10% und der untere Ton 60% der Gesamtlautstärke besitzt. Von diesem Dreiklang kann zunächst ein Dur-Dreiklang abgespalten werden, bei dem jeder Ton 10% der Gesamtlautstärke besitzt. Den Rest kann man dann noch in eine Quinte aufteilen, bei der die beiden Töne (der obere und der untere) jeweils 20% der Gesamtlautstärke haben und in eine Prime (der untere Ton) mit den restlichen 30% der Gesamtlautstärke. Es bleibt für die Rechnung zu erwähnen, dass die 3 Töne des Dur-Dreiklangs ihre Lautstärke jeweils auf 2 der 3 Zweiklänge des Dreiklangs aufteilen müssen, weil die Töne ja jeweils nur an 2 der 3 Zweiklänge beteiligt sind. Ebenso muss man die 30% bei der Prime formal auf die 2 gleichen Töne eines Zweiklangs aufteilen, den man als eine Prime auffassen kann. Deshalb ergibt sich die folgende Rechnung:

Konsonanz = ((60,05 · 50,05) · (50,05 · 40,05) · (30,05 · 20,05)) · (30,20 · 20,20) · (10,15 · 10,15) = 2,155

Bei einem Vierklang muss man übrigens die Lautstärke der 4 Töne auf 3 der 6 Zweiklänge aufteilen, weil jeder Ton in 3 der 6 Zweiklänge vorkommt.

Natürlich kann man auf diese Weise auch die Konsonanz der normalen Zweiklänge wie z.B. der großen Sekunde (9:8) berechnen:

Konsonanz = (90,50 · 80,50) = 8,485



Referenzen:
Verschmelzung und neuronale Autokorrelation als Grundlage einer Konsonanztheorie (Martin Ebeling, Frankfurt a. M. 2007, ISBN-10: 3-631-56102-4, ISBN-13: 978-3-631-56102-7)
Neuronal periodicity detection as a basis for the perception of consonance: A mathematical model of tonal fusion (Martin Ebeling, JASA 124/4, 2008)


Copyright © Werner Brefeld (2005; Originalquelle)