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Tonsysteme, Zwölftonsystem, Quinte, Quarte und Terz

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Welches ist das beste Tonsystem in der Musik? Warum besitzt das Klavier 12 Tasten für jede Oktave?

Grundlegend für Tonsysteme ist die Darstellbarkeit von Oktaven, also von Zweiklängen, bei denen das Frequenzverhältnis von zwei Tönen 2:1 beträgt und die unter allen Zweiklängen die größte Konsonanz besitzen. Diese Darstellbarkeit ist sozusagen das Grundgerüst aller sinnvollen Tonsysteme. Dazu gehören Tonsysteme mit pythagoreischer, reiner, mitteltöniger, wohltemperierter und gleichstufiger Stimmung. Seit dem 19. Jahrhundert ist die gleichstufige Stimmung in der Musikwelt weit verbreitet und soll auch hier nur betrachtet werden. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass in dem entsprechenden System das Frequenzverhältnis zweier benachbarter Töne immer gleich ist. Dadurch sind alle Töne prinzipiell gleichberechtigt. In einem gleichstufigen Tonsystem mit beispielsweise 12 Tönen pro Oktave beträgt das Frequenzverhältnis benachbarter Töne immer 12-te Wurzel aus 2, damit nach 12 Tönen der für die Oktave notwendige Faktor 2 erreicht wird. Denn es gilt:

(21/12)12 = 2

Gleiche Frequenzverhältnisse lassen sich natürlich unabhängig von der Zahl der Töne pro Oktave immer erreichen. Schwierigkeiten tauchen aber schon auf, wenn man die Quinte, den Zweiklang mit der zweitbesten Konsonanz und einem Frequenzverhältnis von 3:2, zusätzlich darstellen will.

Es soll also in einem Tonsystem mit n Tönen pro Oktave eine Quinte durch zwei Töne im Abstand von k Tonschritten darstellt werden. Die (n-te Wurzel aus 2) hoch k muss also gleich 3:2 sein. Oder anders ausgedrückt:

(21/n)k = 2k/n = 3:2 = 3/2

Daraus folgt für k/n nach Logarithmieren:

k/n = (ln3 – ln2) / ln2

Eine exakte Gleichheit der beiden Ausdrücke ist unmöglich, weil k/n immer rational ist, (ln3 – ln2) / ln2 aber irrational. Man kann nur eine möglichst gute Annäherung der beiden Ausdrücke erreichen, indem man die Anzahl der Töne pro Oktave variiert. Es gibt also kein ideales Tonsystem und man muss sich darauf beschränken, ein möglichst gutes zu finden.

Da sich die Quarte (4:3) als Ergänzung der Quinte zur Oktave sinnvollerweise von der Quinte klanglich unterscheiden sollte, braucht man für ein gleichstufiges Tonsystem mindestens 3 Töne pro Oktave. Die folgende Tabelle fängt deshalb beim Dreitonsystem an und zeigt alle Tonsysteme bis zu 1000 Tönen pro Oktave, deren Quinte die reine Quinte besser trifft als der Vorgänger in der Liste. Zusätzlich sind die Abweichungen der großen Terz zur reinen großen Terz aufgeführt, was natürlich nur für Tonsysteme mit mindestens 7 Tönen pro Oktave Sinn macht.


TonsystemeAnzahl der AbweichungAnzahl der Abweichung
Tonschritte fürvon derTonschritte fürvon der
die Quintereinen Quintedie große Terzreinen großen Terz
 
    3-Ton-System     2 + 5,827%
    5-Ton-System     3 + 1,048%
    7-Ton-System     4 – 0,934%    2 – 2,479%
  12-Ton-System    7 – 0,113%    4 + 0,794%
  29-Ton-System  17+ 0,086%     9– 0,800%
  41-Ton-System  24+ 0,028%   13– 0,336%
  53-Ton-System  31– 0,004%  17– 0,081%
200-Ton-System117+ 0,002599%  64– 0,134%
253-Ton-System148+ 0,001229%  81– 0,123%
306-Ton-System179+ 0,000334%  99+ 0,111%
359-Ton-System210– 0,000297%116+ 0,083%
665-Ton-System389– 0,000007%214– 0,009%


Viele dieser Tonsysteme erhält man auch, wenn man den obigen Ausdruck (ln3 – ln2) / ln2 mit Hilfe der Kettenbruchentwicklung möglichst gut durch einen Bruch und damit durch eine rationale Zahl annähert. Allerdings liefert die Kettenbruchentwicklung nicht alle Tonsysteme, die besser als ihre Vorgänger in der Liste sind. Dazu bleibt nichts anders übrig, als alle Möglichkeiten mit einem Computer-Programm zu untersuchen.

Nun kann der Mensch normalerweise Töne nicht mehr unterscheiden, die sich um weniger als etwa 0,4% in ihrer Frequenz unterscheiden. Wie man in der Tabelle sieht, ist das Zwölftonsystem das System mit den wenigsten Tönen pro Oktave, bei dem der Mensch die dort vorhandene Quinte nicht mehr von der reinen Quinte unterscheiden kann. Alle Systeme mit mehr Tönen bieten diesbezüglich keinen Vorteil mehr, weil sie wesentlich aufwendiger sind. Im Zwölftonsystem liegen die beiden Töne der Quinte 7 Tonschritte auseinander. Als Ergänzung zur Oktave kann die Quarte mit ihrem Tonabstand von 5 Tonschritten deshalb ebenfalls nicht mehr von der reinen Quarte unterschieden werden.

Außerdem stellt das Zwölftonsystem auch die große Terz (Frequenzverhältnis 5:4) gut dar, und zwar mit einer Abweichung von nur +0,794%. Die kleine Terz (6:5) als Ergänzung der großen Terz zur Quinte ist deshalb mit einer Abweichung von 0,908% nur wenig schlechter. Die kleine Sexte (8:5) und die große Sexte (5:3) als Ergänzung der großen und kleinen Terz zur Oktave müssen deshalb auch gut mit den jeweils reinen Zweiklängen übereinstimmen. Damit kann das Zwölftonsystem 7 von insgesamt etwa 11 konsonanten Zweiklängen darstellen, wobei sich unter ihnen alle sehr konsonanten befinden.

Diese Argumente haben dazu geführt, dass der überwiegende Teil der heutigen Musik auf dem Zwölftonsystem basiert.

Man könnte auch sagen, dass praktisch alle gleichstufig gestimmten Musikinstrumente die mathematische Tatsache ausnutzen, dass

3/2 sehr gut mit der 12-ten Wurzel aus 27 und
5/4 hinreichend gut mit der 12-ten Wurzel aus 24 übereinstimmt.

Es bleibt die Frage, welche Tonsysteme noch geeignet wären. Da sinnvollerweise alle Töne eines Tonsystems unterscheidbar sein sollen, ergibt sich für ein Tonsystem mit n Tönen pro Oktave die Bedingung, dass die n-te Wurzel aus 2 größer als 1,004 sein muss. n muss demnach kleiner als ln(2) / ln(1,004) sein:

21/n > 1,004

n < ln(2) / ln(1,004) = 173,6

Ein Tonsystem mit mehr als ungefähr 173 Tönen pro Oktave macht also keinen Sinn. Von den vier übrigbleibenden Systemen kann das 53-Ton-System die Quinte, Quarte, große Terz, kleine Terz, kleine Sexte und große Sexte mit Abstand am besten darstellen.


Links zum Thema:

Christian Hartfeldt: Mathematik in der Welt der Töne


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